02/07/2024 0 Kommentare
Monatsspruch Juni 2023
Monatsspruch Juni 2023
# Impulse
Monatsspruch Juni 2023
Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein die Fülle. (1. Mose 27,28)
Die Formel für ein gutes Leben! – zumindestens vor 3000 Jahren im Nahen Osten. Mir stehen die Trockenheit und Hitze in dieser Gegend vor Augen, wo fette Wiesen selten sind und spätestens im Sommer von der Sonne weggebrannt. Wer im Sommerurlaub ans Mittelmeer fährt, freut sich über die Sonnengarantie. Die Menschen, die dort leben, freuen sich über den Morgentau, die lebendig machende Feuchtigkeit, die mancher Pflanze und manchem fruchtbarem „fettem“ Boden das Überleben möglich macht. Ein Geschenk Gottes, um gut Leben zu können, zu essen und zu trinken zu haben, sich auch mal berauschen zu können …
Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein die Fülle. - Worte deren Fülle wir erahnen können und mich spontan denken lassen: „was braucht es noch mehr zum Leben? würden wir bloß nicht so an der Erhitzung unserer Erde arbeiten!“ und der nächste Gedanke: „weniger ist mehr!“
Mein Blick wandert in die Bibel. Wer hat diese Worte eigentlich gesagt? Wem haben sie gegolten?
Isaak sagt diese Worte als Segen für seinen Erstgeborenen. Sie gelten nicht allen Menschen, noch nicht mal allen seinen Kindern, sondern nur einem. Die Ressourcen waren damals schon knapp. Die Formel für ein gutes Leben bekam nur einer. Eigentlich war das Esau, doch der jüngere Sohn Jakob erschleicht sich durch List und Lüge den Segen des Vaters. Esau geht leer aus, was den Segen angeht.
Und Jakob zahlt einen hohen Preis für den Triumph, den Segen des Erstgeborenen errungen zu haben. Fliehen muss er, denn sein Bruder Esau will sich rächen und ihn umbringen. Der Preis für die Formel des guten Lebens ist die Flucht und zwei Jahrzehnte Exil. Wohlhabend wird er mit der Zeit durch seine Arbeit und seine List.
„Weniger ist mehr“ geht mir wieder durch den Kopf. War das alles nötig? Hätte Isaak nicht beiden seinen Segen schenken können?
Ja, dann hätte dem Erstgeborenen nicht mehr die ganze Fülle zur Verfügung gestanden, aber hätte es die Hälfte nicht auch getan? Die Geschichte lässt sich nicht ändern, aber die Frage ist, wie wir die Geschichte erzählen. Ob Isaak und Jakob als Vorbilder dargestellt werden, oder als Menschen, die verstrickt sind in ihre Tradition und ihre Sehnsucht. Menschen von denen Gott nicht lässt – allen Fehlern, die sie begehen zum Trotz.
Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein die Fülle.
Ich glaube dieser Segen gilt allen Menschen, nicht nur einigen wenigen.
Auch wenn das bedeuten kann: die Fülle des irdischen Reichtums muss von den Besitzenden geteilt werden.
Ihr Pfarrer Reiner Dietrich-Zender
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